Japan: Repression gegen Antikriegs-Bewegung der Studenten von Zengakuren und erfolgreicher Widerstand

Am 27. Oktober 2015 wurde ein Besetzungsstreik („Barrikade-Streik“ im Original)  an der Universität Kyoto durchgeführt, und zwar zum ersten  Mal im neoliberalen Zeitalter (Japan war in den 70er und 80er Jahren Schauplatz gewaltiger Studentenkämpfe, die sogar den Mai 1968 in Europa in den Schatten stellten). Im Yoshida-Minami (=Süd)-Gebäude1 auf dem Yoshida-Campus der Kyoto-Universität wurde mit Stellplakaten usw. gesperrt.

Organisiert wurde  der Streik vom AStA der Kyoto-Universität; Zengakuren-Studenten übernahmen seit 2012 die Leitung dieses  AStA und ersetzten die alte, pro-neoliberale Führung.

Zengakuren ist ein sehr traditionsreicher japanischer Studentenverband, der vor allem in den 60er, 70er und 80er Jahren große Bewegungen u.a. gegen US-Stützpunkte in Japan anführte. Mit dieser Aktion kündigt sich möglicherweise eine neue Phase der Studentenkämpfe in Japan an.

Wer den Begriff Zengakuren nicht kennt, der entsprechende wikipedia-Artikel gibt einen ersten Einblick, ist allerdings mit großer Vorsicht zu betrachten (wie das bei zeitgeschichtlichen wikipedia-Artikeln, die bekanntermaßen mit NATO-Propaganda durchseucht sind, nun einmal der Fall ist):

https://de.wikipedia.org/wiki/Zengakuren

(Hinweis: unabhängig davon, welche Namen sich Studentenverbände selbst geben können, handelt es sich bei der Zengakuren, von der ich berichte, um die „Zentralkern-Fraktion“ der historischen Zengakuren, also der aus dieser hervorgegangenen Mehrheitsrichtung)

Einige Fakten zu diesem Streik von 2015 aufgrund von EMails aus Japan:
Wirkung: Durch diesen Barrikade-Streik waren u.a. die erste und zweite Vorlesung morgens nicht  zu halten.
Viele in- und ausländische Medien (auch Fernsehen) berichteten über dieses Ereignis. Die Führung der AStA wurde mehrmals interviewt.
Unterstützung: Der  Barrikade-Streik wurde auf dem Campus nicht so aktiv unterstützt, aber im großen und ganzen freundlich gesehen; Zengakuren -Studenten aus ganz Japan machten mit und viele ArbeiterInnen der Kansai-Region besuchten diesen  Barrikade-Streik und bekräftigten ihre Unterstützung.
Reaktion der Uni-Leitung: Dutzende von Professoren kamen zum Barrikade-Streik und haben sagten: “Das ist gewaltsame Behinderung des Geschäftes!” ”Normale Vorlesungen müssen stattfinden” ”Ihr seid Verbrecher!”
Die Uni-Leitung erkannte an, dass sich die Sicherheitspolizisten frei im Campus bewegen können. Sie sagte offen, dass die Uni-Leitung mit der Polizei zusammenarbeiten wolle.
Politischer Hintergrund des  Barrikade-Streiks
Die Rede von Yohei SAKUBE, Vorsitzender vom  AStA an dem Tag:
“Am 19. September sind die Kriegsgesetze zustandegekommen. ABE will mit diesen  Kriegsgesetzen wirklich einen neuen Krieg mitmachen.  Dabei ist das Hauptschlachtfeld für Japan die koreanische Halbinsel. Die US- und japanische Imperialismus sowie die südkoreanische herschende Klasse denken wirklich daran, Nordkorea anzugreifen und das System dort zu stürzen. Sie denken aber gleichzeitg daran, durch diesen Krieg und im Laufe dieses Krieges KSTU und dessen Arbeiterkämpfe zu zerschlagen.
Wir, die Studenten, in der Solidarität mit den kämpfenden ArbeiterInnen Japans, werden solche Kriegstreiberei niemals zulassen. Wir weden für diesen Widerstand alles tun! Der heutige  Barrikade-Streik hier wird zu diesem Zweck gemacht!
Hoch die internationale Solidarität! Hoch die Streik-Kämpfe von KSTU! Wir wollen mit der südkoreanischen Arbeiterklasse zusammen kämpfen!”
KSTU ist ein (süd)koreanischer Studentenverband und das Gegenstück von Zengakuren dort.
Festnahmen und Widerstand
Seit Mitte des Januars tobte eine Repression nach der anderen, weil Zengakuren im Oktober und November letzen Jahres in der Kyoto-Universität diesen Streik organisierte. Es gab Verhaftungen und Razzien durch die Sicherheitspolizei.
3 Studenten wurden am 29. Februar und dann weitere 3 Studenden wurden am 1. März festgenommen wegen einer angeblichen „gewaltsamen Behinderung des Geschäftes“ (gemeint ist: Vorlesungsbetrieb, der hier markanterweise als „Geschäft“ bezeichnet wird; dem Ratschlag der Sicherheitspolizei folgend erhob die Uni-Leitung gegen Zengakuren eine Klage (wegen “gewaltsamer Behinderung des Geschäftes”)
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Diese 6 Studenten waren Ikuma SAITO (Vorsitzender von Zengakuren), Yohei SAKUBE (Vorsitzender des AStA der Kyoto-Universität), Koichiro MORI (Vize-Generalsekretär von Zengakuren), Keiyu HONGEI (führendes Zengakuren-Mitglied in der Kyoto-Universität), Kazuyoshi ANZAWA (führendes Zengakuren-Mitglied in der Tohoku-Universität), Chikara FUKADA (Vorsitzender des Studentenorganisierungskomitees der JRCL);
Gegen diese Verhaftungen formierte sich schnell Widerstand auf der Straße in ganz Japan:
Unsere Gegenoffensive (Propaganda und Agitation, Versammlung und Demonstration, Unterschriftensammlung usw. durch StudentInnen und ArbeiterInnen) in ganz Japan (besonders in der Stadt Kyoto) war sehr erfolgreich. Sehr viele BürgerInnen haben Unterschriften (um die Studenten freizubekommen) geleistet, Spenden gegeben und Unterstützung erklärt.
Sie sagten zB. „Streik in der Uni sei eine „gewaltsame Behinderung des Geschäftes“? „Unmöglich! Wir haben in den 60er und 70er Jahren noch viel radikales gemacht!“ –
„Streik in der Uni? Sehr gut! Kein Problem! ABE (Premierminister) ist viel schlimmer. Man muss zuerst diesen Mann beseitigen!“
usw. usf.

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Alle 6 Studenten wurden am 18. März aufgrund des öffentlichen Drucks wieder freigelassen!
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Meine japanischen Freundinnen und Freunde dazu:
Zengakuren und die kämpfenden ArbeiterInnen und BürgerInnen haben den Feind gezwungen, die sechs Aktivisten freizulassen.
Hinweis: Im September 2016 wird eine Delegation kämpferischer Gewerkschaftsaktivisten aus Japan Deutschland besuchen. Es wird sich um Mitglieder der Doro-Chiba-Strömung handeln, die mit Zengakuren aus alter Tradition verbunden ist. Darüber werde ich auch noch berichten.

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